Entweder PKV oder GKV – etwas anderes geht in Deutschland beim Thema Krankenversicherung eigentlich nicht. Ein Urteil des Amtsgerichts Dortmund zeigt, dass eine Doppelversicherung möglich ist. Was schnell übersehen wird: Grundsätzlich verboten ist die doppelte Krankenversicherung nicht. Vielleicht bietet sich hier sogar die Chance, endlich Leistungen als Privatversicherter in Anspruch zu nehmen – obwohl man eigentlich ein Kassenpatient ist?
Geschätzt 10 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind Mitglieder der privaten Krankenversicherung. Davon entfällt ein erheblicher Anteil auf Beamte. Dass die Vollversicherung keinen höheren Anteil hat, liegt an den Zugangsvoraussetzungen. Ist eine Doppelversicherung dann überhaupt realistisch?
Das Wichtigste zur doppelten Krankenversicherung im Überblick:
- VVG schließt doppelten Versicherungsvertrag nicht aus
- Versicherungsnehmer müssen beide Beiträge zahlen
- Kündigungsrecht entsprechend den Versicherungsbedingungen
- Kein Recht auf doppelte Erstattung der Krankheitskosten
- Krankenzusatzversicherung ist keine Doppelversicherung
Inhaltsverzeichnis
- 1 1. PKV und GKV – die Krankenversicherungen im Überblick
- 2 2. Doppelversicherung – Ungewöhnlich, aber durchaus eine Möglichkeit
- 3 3. Wie entsteht in der Krankenversicherung eine Doppelversicherung?
- 4 4. Lohnt sich eine Doppelversicherung bei den Leistungen
- 5 Die wichtigsten Fragen & Antworten zum Thema
1. PKV und GKV – die Krankenversicherungen im Überblick
In Deutschland gibt es ein geteiltes System der Krankenversicherung. Grob lässt sich die Situation in zwei Sparten aufteilen: Gesetzliche Krankenversicherung & Private Krankenversicherung.
Parallel gibt es noch die Beihilfe, welche die Versorgung von Beamten, Richtern und anderen beihilfeberechtigten Personen – wie Angehörigen von Beamten – sicherstellt. Zusätzlich gewinnt auch der Bereich von Wahltarifen und Krankenzusatzversicherungen an Bedeutung.
Was ist das Besondere an den verschiedenen Versicherungszweigen? Unterschiede gibt es vor allem in der Finanzierung und dem Zugang in die GKV und PKV. Beiträge werden in der privaten Krankenversicherung anders als in einer Krankenkasse berechnet. Letztere zieht für deren Berechnung das Einkommen der Versicherungsnehmer heran. In der PKV sind allein die Leistungen und persönliche Umstände – wie Übergewicht oder Vorerkrankungen – entscheidend.
Noch etwas hebt die gesetzlichen Krankenkassen von der privaten Krankenversicherung ab: Die Leistungen. In der GKV werden diese per Gesetz vorgegeben. Daher ist ein sehr hoher Prozentsatz der Leistungen für Versicherte in den Krankenkassen gleich. Nur wenige Wahlleistungen unterscheiden die Versicherungen. Die private Krankenversicherung bietet mehr Spielraum. Versicherungsnehmer können sich für einen Basisschutz entscheiden oder Komfortleistungen – dazu gehören 1- oder 2-Bett-Zimmer und die Chefarztbehandlung – versichern. Natürlich erhöhen sich damit auch die Beiträge.
Es ist dieser Umfang bei den Leistungen, der gesetzlich Versicherte in die PKV eintreten lässt – wenn die Beitrittsvoraussetzungen erfüllt sind. Können nicht einfach beide Versicherungen parallel bestehen?
2. Doppelversicherung – Ungewöhnlich, aber durchaus eine Möglichkeit
Fakt ist: Im Versicherungsvertragsgesetz gibt es keine eindeutige Regelung, welche die gleichzeitige Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung und der GKV verbietet. Aber: Es gelten immer noch die Zugangsregeln und die Versicherungspflicht. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Rahmenbedingungen ist es daher ungewöhnlich, dass ein Versicherter Mitglied beider Versicherungszweige ist oder keine Krankenversicherung hat.
Zugang in die Krankenversicherungen
In Deutschland gilt eine Versicherungspflicht gegen Krankheitskosten. Diese wird auf vier unterschiedlichen Wegen erfüllt:
- Mitgliedschaft in der GKV als Pflichtmitglied
- Mitgliedschaft in einer privaten Krankenversicherung
- Kombination aus Beihilfe und privatem Ergänzungstarif
- Freiwillige Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung
Die Beihilfe entsteht aus einem besonderen Dienst- und Treueverhältnis zwischen dem Dienstherren (Bund, Land oder Kommunen) und Beamten. Unmittelbar beihilfeberechtigt sind Beamte der Verwaltung, Polizeibeamte oder Vollzugsbeamte. Mittelbar trifft die Berechtigung auf deren Angehörige zu. Die nicht von der Beihilfe gedeckten Anteile werden mit Ergänzungstarifen privat versichert.
Nicht alle Beamte schließen Beihilfetarife ab. Sprechen Vorerkrankungen dagegen, gibt es noch die freiwillige gesetzliche Krankenversicherung. Allerdings entfallen damit auch Beihilfeleistungen.
Um Mitglied einer privaten Krankenversicherung zu werden, muss nach §§ 6 bis 8 SGB V Versicherungsfreiheit entstehen oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht möglich sein. Versicherungsfreiheit tritt ein, wenn:
- Eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt wird
- Angestellte die JAEG (69.300 Euro) mit ihrem Einkommen überschreiten
- In die Selbständigkeit als Hauptberuf gewechselt wird
Genau hier liegt der Grund, warum es zur Doppelversicherung kommen kann. Wenn freiwillig gesetzlich Versicherte in die PKV wechseln und nicht korrekt kündigen, bestehen beide Versicherungen parallel. Diese Doppelversicherung tritt in der Praxis – wie einschlägige Gerichtsurteile zeigen – auf.
3. Wie entsteht in der Krankenversicherung eine Doppelversicherung?
Bei einem Wechsel der Versicherung muss in der Regel die Folgeversicherung nachgewiesen werden. Diese Pflicht ergibt sich aus § 205 VVG. Heißt im Klartext: Wird nicht innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Frist von zwei Monaten die Folgeversicherung nachgewiesen, ist eine Kündigung unwirksam.
Hieraus und aus der Tatsache, dass ein Wechsel zwischen den Versicherungszweigen an Fristen gebunden ist, ergeben sich Situationen, die zur Doppelversicherung in der GKV und privaten Krankenversicherung führen. Einfaches Praxisbeispiel:
Ein bisher angestellter IT-Entwickler ist freiwillig gesetzlich krankenversichert. Nach dem Wechsel in die Selbständigkeit wird ein Vertrag über die private Krankheitskosten-Vollversicherung abgeschlossen. Leider wird die Mitteilung über die Folgeversicherung der Krankenkasse nicht angezeigt – der Vertrag setzt sich deshalb fort. Das Ergebnis ist eine Doppelversicherung in beiden Krankenversicherungen. Warum löst sich nicht automatisch eine der beiden Krankenversicherungen wieder auf?
Urteil: Kein Verbot der Doppelversicherung
Das ist ein Beispiel, das auch nicht einfach aus der Luft gegriffen ist. Dass es zu einer Doppelversicherung kommt, ist einer Besonderheit im Versicherungsrecht geschuldet. Sobald ein Mitglied der PKV mit dem Einkommen unter die JAEG rutscht oder in ein Angestelltenverhältnis wechselt, gibt es ein separates Kündigungsrecht gegenüber der privaten Krankenversicherung, da hier der GKV-Versicherungsschutz verbindlich festgelegt ist.
Dieses gilt nicht für den Fall der freiwillig gesetzlichen Krankenversicherung. Wie das eingangs genannte Urteil (AZ.: 425 C 1969/19) zeigt, liegt ein doppelter Versicherungsschutz durchaus im Bereich des Möglichen. Welche Erfahrung hat der Versicherte gemacht? 2017 wechselte er in die Selbständigkeit und schloss eine private Krankenversicherung ab.
Das Problem: Bei der gesetzlichen Krankenversicherung blieb der Versicherungsvertrag bestehen – wovon der Beklagte im Verfahren erst nach einigen Wochen erfuhr. Aufgrund unglücklicher Umstände ging die Kündigung der privaten Versicherung mit mehreren Monaten Verspätung zu. Obwohl es im Verfahren zwischen der Versicherung und dem Beklagten um die Frage der Zahlung von Prämien ging, lässt sich eine interessante Erkenntnis ableiten. In Deutschland kann eine Doppelversicherung aus PKV und gesetzlicher Krankenversicherung bestehen.
4. Lohnt sich eine Doppelversicherung bei den Leistungen
Wenn das Versicherungsrecht schon eine doppelte Krankenversicherung zulässt, bekommen Versicherte dann wenigstens auch die besten Leistungen? In der Praxis sorgt die Doppelversicherung eher für Ärger und wird teuer. Ein Versicherungsnehmer kann sich nicht einfach Krankengeld oder einen Zahnersatz doppelt bezahlen lassen.
Private Krankenversicherer prüfen im Regelfall, ob z.B. bei Schwangerschaft oder Hyposensibilisierung gesetzliche Leistungsträger Vorrang haben. Am Ende treibt die Doppelversicherung nur Kosten in die Höhe. Der Beklagte aus dem Verfahren hat diesen Aspekt deutlich zu spüren bekommen. Neben einer Zahlung der strittigen Prämien haben sich auch die Rechtsanwaltskosten bemerkbar gemacht.
Die wichtigsten Fragen & Antworten zum Thema
Direkt beim Antrag und bei der Beratung durch einen Versicherungsmakler sollte das Thema Doppelversicherung geprüft werden. In der Regel können Versicherungsexperten Hilfestellung anbieten und den Ablauf – etwa hinsichtlich der Meldung einer Folgeversicherung – verständlich vor dem Abschluss einer PKV erklären.
In diesem Fall ist schnelles Handeln gefragt. Verträge, die übers Internet oder in der Wohnung von einem Makler geschlossen werden, sind Haustürgeschäfte. Grundsätzlich kann ein Antrag widerrufen werden. Die Frist nach der Annanhme durch die Versicherung ist auf 14 Tage für solche Verträge festgesetzt.
Hierbei handelt es sich um einen Sonderfall – speziell, wenn der Arbeitgeber in Deutschland ins Ausland entsendet. Um einen angemessenen Versicherungsschutz zu gewährleisten, können unter Umständen zusätzliche Verträge sinnvoll sein. Allerdings hängt hier viel vom individuellen Einzelfall und den Rahmenbedingungen vor Ort ab.
Auch in der PKV gibt es die Möglichkeit der Kündigung des „zuviel“ abgeschlossenen Vertrags. Allerdings sind immer die Versicherungsbedingungen zu beachten. Diese schreiben Mindestlaufzeit und Kündigungsfrist vor. Eine vorzeitige Entlassung – bevor die Vertragszeit abgelaufen ist – hängt von der Kulanz der Versicherer ab.
Nein, wer sich für diesen Schritt entscheidet, schließt immer als Versicherungsnehmer einen Tarif als Ergänzung zum bestehenden Versicherungsschutz ab. Hier entsteht das Risiko nur, wenn mehrere Tarife mit einem überlappenden Leistungsportfolio abgeschlossen werden. In der Regel kann ein Versicherter auch hier nicht die doppelte Leistung in Anspruch nehmen, da eine Verrechnung zwischen den Tarifen erfolgt.
Fazit: Doppelversicherung in PKV und GKV nicht verboten
Das Versicherungsvertragsgesetz enthält viele klare Regelungen. Ungewöhnlich ist, dass eine doppelte Versicherung in der privaten Krankenversicherung und GKV nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird. Allerdings haben Versicherte davon kaum einen nennenswerten Vorteil – außer hohe Kosten. Denn die Prämie muss für die Krankenkasse und PKV bezahlt werden.