Rollstuhl, Kompressionsstrümpfe oder orthopädische Schuhe – in der Behandlung von Erkrankungen kommen heute viele Hilfsmittel zum Einsatz. Individuell angepasst, unterstützen sie die Heilung, fördern die Mobilität und Selbständigkeit. Die GKV sortiert diese in das Hilfsmittelverzeichnis. Für die PKV existiert ein Gegenstück – der Hilfsmittelkatalog.
In der GKV machen Heil- und Hilfsmittel gerade einmal rund sieben Prozent der Kosten aus. Klingt überschaubar. Aber: 2022 beliefen sich die Ausgaben absolut auf mehr als 21 Milliarden Euro. Hilfsmittel sind sowohl in der PKV als auch für die Krankenkassen eine Belastung. Aber: Sie sind für die Heilung notwendig. Welche Hilfsmittel übernimmt die PKV?
PKV Hilfsmittelkatalog – Wichtige Fakten im Überblick:
- Hilfsmittel bieten oft mechanische Unterstützung
- Verschreibung durch Arzt oder Heilpraktiker
- PKV baut offenen Hilfsmittelkatalog aus
- Kostenerstattung auch in Beihilfetarifen
- In PKV gibt es oft eine Summenbegrenzung
Inhaltsverzeichnis
1. Was sind Hilfsmittel in der privaten Krankenversicherung?
Zur Behandlung von Erkrankungen kommen nicht nur Arzneimittel zum Einsatz. Es braucht Hilfsmittel, zum Beispiel Hörgeräte, Rollatoren oder Brillen und Insulinpumpen. Deren Zweck: Hilfsmittel unterstützen die Genesung und gleichen körperliche Einschränkungen aus, welche aufgrund einer Erkrankung oder eines Unfalls entstehen.
Im medizinischen Alltag gibt es sehr unterschiedliche Hilfsmittel. Einige unterstützen in der Mobilität, etwa wenn durch einen schweren Unfall Einschränkungen entstehen. Andere verbessern die Sehfähigkeit. Eines ist den Hilfsmitteln gemein: Sie fördern die Selbständigkeit des Patienten. Ob Patienten aus der privaten Krankenversicherung die Kosten für Hilfsmittel erstattet bekommen, hängt vom Hilfsmittelkatalog ab.
Der Hilfsmittelkatalog
Es gibt viele Hilfsmittel, die Ärzte im Krankheitsfall verordnen. Aber: Nicht jedes erdenkliche medizinische Hilfsmittel wird von der PKV auch übernommen. Letztlich kommt es auf den Hilfsmittelkatalog an. Dessen Aufgabe ist die Erfassung jener Hilfsmittel, für welche die private Krankenversicherung eine Kostenübernahme vorsieht.
Das Pendant dazu ist in den gesetzlichen Krankenkassen das Hilfsmittelverzeichnis. Herausgeber ist der GKV-Spitzenverband. Neben reinen Hilfsmitteln umfasst das Verzeichnis auch Pflegehilfsmittel und ist auch für die Pflegekassen relevant.
Das Hilfsmittel- und Pflegehilfsmittelverzeichnis hat noch eine zweite Aufgabe. Es definiert Anforderungen, welche für eine Aufnahme von Hilfsmitteln in das Verzeichnis erfüllt sein müssen. Allerdings gilt auch hier: Nur die bloße Erfüllung der Anforderungen bedeutet nicht automatisch die Kostenübernahme durch die Krankenversicherung oder Pflegekasse.
Hierin liegt einer der Unterschiede zwischen dem privaten Hilfsmittelkatalog und dem Hilfsmittelverzeichnis. Letzteres hat nicht den Anspruch der Vollständigkeit und Krankenkassen nur auf die genannten Hilfsmittel in der Übernahme für die Kosten festzulegen. In der PKV kommt es sehr stark auf die Formulierungen im Vertrag an. Eine Kostenerstattung für Schuhe oder Inhalations-Geräte kann ausfallen – wenn diese nicht Teil eines geschlossenen Katalogs sind.
2. Der geschlossene Hilfsmittelkatalog
Ein geschlossener Hilfsmittelkatalog ist die ungünstige Variante des PKV-Hilfsmittelverzeichnisses. Grund sind dessen starre Regelungen. Es gibt eine Kostenerstattung ausschließlich für Hilfsmittel, welche der Hilfsmittelkatalog explizit erwähnt. Wie kann ein geschlossener Hilfsmittelkatalog in der Praxis aussehen?
Eine beispielhafte Formulierung für den geschlossenen Hilfsmittelkatalog kann so aussehen:
Hilfsmittel im Sinne der Versicherung sind Brillen, Kontaktlinsen, Hörgeräte, Sprechgeräte, Stützapparate, orthopädische Schuhe, Bandagen, Rollstühle sowie Insulinpumpen, Gummistrümpfe und Krankenfahrstühle.
Andere Hilfsmittel – selbst, wenn diese von einem Arzt verordnet werden – erstattet die private Krankenversicherung in einem geschlossenen Hilfsmittelkatalog nicht. Davon sind auch zukünftige Hilfsmittel betroffen, welche in anderen Hilfsmittelkatalogen auftauchen.
Eine Besonderheit stellen in vielen PKV-Tarifen übrigens Brillen und Kontaktlinsen dar. Sehhilfen werden aus dem allgemeinen Hilfsmittelkatalog ausgeklammert und landen in einer eigenen Kategorie. Zu beobachten ist in diesem Zusammenhang, dass Brillen und Kontaktlinsen in Komfort-Tarifen eine hohe Kostenerstattung nach sich ziehen – die aber nur alle zwei bis drei Jahre übernommen wird. Die Kostenübernahme in der privaten Krankenversicherung schließt Gestell und Gläser ein.
3. Bessere Versorgung beim offenen Hilfsmittelkatalog
Der offene Hilfsmittelkatalog bietet Privatversicherten einen deutlich flexibleren Zugriff auf medizinische Hilfsmittel. Werden im Zuge einer Schwangerschaft zur Entlastung des Rückens Lumbalorthesen oder Kompressionsstrümpfe benötigt, können diese bei einem offenen Hilfsmittelverzeichnis in Anspruch genommen werden. Voraussetzung ist natürlich die Verordnung von Arzt oder Heilpraktiker.
Im ersten Moment klingt ein offener Hilfsmittelkatalog aus Sicht eines Versicherten vorteilhaft. Aber: Die genauen Formulierungen sind für die Erstattungsfähigkeit einzelner Hilfsmittel wichtig. Umfasst ein Tarif nur Hörgeräte, können Hörhilfen ausgeschlossen sein. Ein teures Cochlea-Implantat kann dann schon wieder ausgeschlossen sein. Zusätzlich setzen Summenbegrenzungen der Inanspruchnahme von Leistungen im offenen Hilfsmittelkatalog Grenzen.
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Mehr Informationen4. Ablauf einer Erstattung aus dem Hilfsmittelkatalog
Um über Hilfsmittelkataloge Hörhilfen, Rollstühle oder Stützgeräte erstattet zu bekommen, sind Voraussetzungen zu erfüllen. Wie sehen diese aus?
- Medizinische Notwendigkeit: Private Krankenversicherungen übernehmen die Erstattung für Hilfsmittel nur, wenn es medizinisch notwendig ist. Hörgeräte mit Bluetooth-Schnittstelle für Telefongespräche sind Komfortleistungen – für die medizinische Anwendung ist diese Funktion aber nicht notwendig.
- Ärztliche Verordnung für Hilfsmittel: Grundsätzlich ist die Erstattung der Kosten in der PKV an die Verordnung von Hilfsmitteln durch Ärzte geknüpft. Diese treffen letztlich auch die Auswahl, welche Versorgung unter den gegebenen Umständen den besten Heilungs- und Genesungserfolg verspricht. Parallel dürfen in manchen Tarifen auch Heilpraktiker die Hilfsmittelversorgung verordnen.
- Erstattungsfähigkeit des Hilfsmittels: Leider kennen private Krankenversicherungen keinen einheitlichen Hilfsmittelkatalog – anders als das Hilfsmittelverzeichnis vom GKV-Spitzenverband. Es kommt auf die Versicherung und den Tarif an, welchen Umfang die Versorgung mit Hilfsmitteln hat. Ist eine Anschaffung nicht im Rahmen des Hilfsmittelkatalogs für die Tarife vorgesehen, kann die Rechnung der Leistungserbringer von der PKV oder privaten Pflegeversicherung auch nicht erstattet werden.
Wie sieht die Kostenübernahme in Beihilfe-Tarifen aus?
Im Hinblick auf das Hilfsmittelverzeichnis ist die Beihilfe ein Sonderfall. Hintergrund: Hier greifen zwei Kostenträger ineinander. Auf der einen Seite steht der Dienstherr, welcher sich aufgrund des Dienst- und Treueverhältnisses zur Übernahme von Gesundheitskosten für Beihilfeberechtigte bei der Schwangerschaft, Krankenhausaufenthalten oder einer Hyposensibilisierung verpflichtet. Andererseits sitzt die PKV über Beihilfeergänzungstarife mit im Boot.
In welcher Form und in welchem Umfang Hilfsmittel übernommen werden, regeln die Beihilfeverordnungen von Bund, Ländern und Kommunen. Hier ist ein sehr klarer Rahmen verankert, welche Leistungen erstattet werden, wie:
- Aufrichtstühle
- Computerspezialausstattung bei Behinderungen
- Hörgeräte
- Perücken.
Neben der Erstanschaffung deckt die Beihilfe auch Reparatur und Ersatz. Aber: Für die einzelnen Hilfsmittel gelten sehr strenge Regeln, was Höchstsummen angeht. So ist die Anschaffung von Spezialhardware und Spezialsoftware nach dem Merkblatt des Bundesverwaltungsamts bei 3.500 Euro gedeckelt. Eine Erhöhung ist möglich, wenn sehr spezielle Hilfsmittel wie z.B. eine Braillezeile mit 40 Modulen (Tastatur für Blinde) angeschafft wird.
Hinsichtlich der Ergänzungstarife achten Beihilfeberechtigte darauf, dass ein offener Hilfsmittelkatalog zum Tarif gehört und die PKV im Leistungsumfang darauf abzielt, auch dann Kosten zu erstatten, wenn die Beihilfe nicht zahlt. Ein zusätzlich wichtiger Baustein sollte eine Leistungsgarantie für den Fall sein, dass Bund oder Länder ihre Beihilferegeln ändern.
Die wichtigsten Fragen & Antworten zum Thema
Sehhilfen unterliegen – obwohl sie eigentlich zu den medizinischen Hilfsmitteln gehören – oft besonderen Regeln hinsichtlich einer Übernahme der Kosten. Privat versicherte Selbständige oder Freiberufler nehmen in vielen Tarifen eine Kostenerstattung für Brillen oder Kontaktlinsen in Anspruch. Für die erste Brille machen viele Versicherer allerdings eine augenärztliche Verordnung zur Bedingung.
Nein, hier muss klar zwischen den verschiedenen Tarifen unterschieden werden. Anders als in der GKV bzw. Pflegeversicherung ist die private Krankenversicherung in ihren Entscheidungen sehr viel freier. Sie kann einen höheren Leistungsumfang einschließen – oder die Qualität der Hilfsmittel zusammenstreichen. Den Ausschlag geben letztlich die Tarifbestimmungen. Zudem wird seitens der PKV geprüft, ob andere Kostenträger – wie Unfallversicherung oder Rentenversicherung – für die Übernahme der Kosten zuständig sind.
Keine medizinisch relevanten Hilfsmittel sind Produktgruppen, die weder im Hilfsmittelkatalog noch in dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands eine Rolle spielen. Da viele Krankenversicherungen mit einem offenen Hilfsmittelkatalog arbeiten und auch das Hilfsmittelverzeichnis in seinem Umfang nicht rechtsverbindlich festgelegt ist, sind Ausschlüsse in der Praxis gar nicht so einfach festzuhalten. Allgemein gelten Gebrauchsgegenstände aus dem täglichen Leben nicht als Hilfsmittel.
Als Heilmittel werden allgemein alle Anwendungen bezeichnet, die im Zusammenhang mit einer Therapie zum Einsatz kommen. Darunter fallen Physio- oder Logopädie. Hilfsmittel sind alle Geräte und Gegenstände, welche im Zusammenhang mit oder als therapeutische Maßnahmen zum Einsatz kommen.
Patienten haben in der Krankenversicherung und der Pflege nicht nur Anspruch auf die Erstverordnung von Hilfsmitteln. Es wird manchmal notwendig, ein Hilfsmittel wie den Rollator oder eine Sehhilfe und das Hörgerät zu ersetzen. Dieser wird sowohl in der gesetzlichen Krankenkasse, der Beihilfe oder dem privaten Hilfsmittelkatalog erstattet. In der PKV oder der privaten Pflege kann die Erstattung in der Summe begrenzt sein.