Wer als Privatpatient zum Arzt geht, bekommt eine Rechnung – und geht natürlich davon aus, dass der Rechnungsbetrag auch erstattet wird. Weigert sich die PKV, sitzt der Schock erstmal tief. Allerdings braucht es jetzt einen kühlen Kopf. Wichtig ist zu wissen, warum der Versicherer eine Erstattung ablehnt. Hieraus lassen sich die nächsten Schritte ableiten.
2020 hat die private Krankenversicherung laut PKV Verband fast 31 Milliarden Euro nur für Leistungsaufgaben eingesetzt. Damit sind die Ausgaben pro Jahr – im Vergleich zu 2016 – um mehr als drei Prozent gestiegen. Liegt hierin ein Grund, warum Versicherer Erstattungen ablehnen? Es gibt in der Praxis für die Ablehnung ganz andere Gründe.
Inhaltsverzeichnis
1. Was tun, wenn meine Private Krankenversicherung nicht zahlt?
Die PKV hat sich einen exzellenten Ruf verdient. Viele Verbraucher sehen in diesem Versicherungszweig die Möglichkeit, Leistungen wie das 1-Bett-Zimmer oder Behandlungen durch den Chefarzt zu versichern – manchmal sogar zu einem niedrigen Beitrag, vergleichen mit der GKV. Allerdings verliert die private Krankenversicherung schnell ihren Nimbus, wenn es um die Erstattung der Behandlungskosten geht.
Privatversicherte müssen regelmäßig erleben, dass Versicherer einen Teil oder sogar vollständig von einer Kostenerstattung absehen. Hierfür gibt es verschiedene Begründungen. Sobald der Versicherer nicht zahlt, muss jeder Versicherungsnehmer einige Schritte im Hinterkopf behalten. Erster Punkt: Die Begründung des Versicherers überprüfen.
Hier klärt sich manchmal auf, warum der Versicherer nicht zahlt. Wer sich als Privatversicherter ungerecht behandelt fühl, kann sich weitere Schritte – wie den Gang zu einem Anwalt – immer noch offenhalten.
2. Wann kann die PKV Leistungen verweigern?
In der Praxis sind verschiedene Szenarien denkbar, welche die Erstattung einer Arztrechnung durch die PKV auf tönerne Füße stellen. In einigen Fällen ist fast sicher damit zu rechnen, dass die private Krankenversicherung nicht zahlt. An anderer Stelle scheint diese Entscheidung sehr viel widersprüchlicher.
2.1 Fehlende medizinische Notwendigkeit
In der gesetzlichen Krankenversicherung haben Versicherte nur Anspruch auf Behandlungen, die medizinisch notwendig und zweckmäßig sind. Deshalb sind beispielsweise bei Schwangerschaft nicht alle fetalen Vorsorgeuntersuchungen Teil des Leistungskatalogs. Und es gibt auch nicht automatisch Implantate als Versorgung beim Zahnersatz.
Aber: Auch in der PKV sind Leistungen beim Arzt/Zahnarzt erstattungsfähig, wenn die medizinische Notwendigkeit vorliegt. Dafür müssen drei wichtige Punkte erfüllt sein:
- Krankheit, Verletzung oder Behinderung
- diagnostische Maßnahmen zur Erkennung der Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten
- Therapiemaßnahmen müssen zur Heilung führen oder Verschlimmerung verhindern
Die medizinische Notwendigkeit schließt nicht aus, dass auch innovative Maßnahmen erstattungsfähig sind. Allerdings muss es sich allgemein um wissenschaftlich anerkannte Behandlungen drehen. An dieser Stelle wird auch klar, warum die PKV besonders im Zusammenhang mit experimentellen und nicht evidenzbasierten Methoden die Erstattung verweigert.
2.2 Ausschlüsse im Versicherungsvertrag
Die private Krankenversicherung zahlt nicht – ein Grund dafür kann in Ausschlüsse liegen. Diese werden in Versicherungsverträge für Vorerkrankungen eingeflochten. Zu dieser Maßnahme greifen Versicherer für den Fall, dass die im Vertrag genannten Erkrankungen bei Antragstellung zu Hoch-Risikoerkrankungen gehören, die sich nicht über einen Risikoaufschlag versichern lassen.
Wie kann ein Ausschluss für den Versicherungsschutz aussehen? Beispiel Zahnersatz: Fehlen zum Zeitpunkt des Antrags einzelne Zähne und hat noch keine Behandlung mit Zahnersatz (Brücken, Kronen bzw. Implantate) stattgefunden, schließt die PKV eine Kostenübernahme sehr wahrscheinlich aus.
2.3 Obliegenheitsverletzungen
Wer als Angestellter die JAEG überschreiten und sich privat versichern kann oder als Beamter Beihilfe bezieht, muss im Antrag die sogenannten Gesundheitsfragen beantworten. Dabei geht es aus Sicht der Versicherung darum, Leistungsrisiken abzuschätzen. Grundsätzlich steht es jedem Versicherer frei, seine Gesundheitsfragen zu formulieren.
In der Praxis kristallisiert sich heraus, dass viele Versicherungen einen Zeitraum zwischen drei bis 10 Jahren abfragen. So kann hinsichtlich Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein Zeitraum von drei Jahren abgefragt werden. Für OPs wie das Einsetzen eines Herzschrittmachers dehnt sich das Zeitfenster bei vielen Versicherungen auf 10 Jahre aus.
Sofern im Rahmen einer Abrechnung Fehler bei der Beantwortung ergeben, handelt es sich um eine Obliegenheitsverletzung nach dem VVG (Versicherungsvertragsgesetz). In diesem Moment kann der Versicherer:
- zum Widerruf des Vertrags
- einer Kündigung
- einer Fortsetzung zu einem höheren Beitrag
greifen. Zusätzlich bleibt die private Krankenversicherung leistungsfrei, kann also die Erstattung einer Rechnung verweigern.
2.4 Abrechnungsfehler durch den Arzt
In der PKV wird nach dem Kostenerstattungsprinzip gearbeitet. Hier stellt der Behandler dem Patienten eine Rechnung, die bei der Krankenversicherung eingereicht und der Betrag entsprechend dem Versicherungsvertrag erstattet wird. Aber: Auch Ärzte sind Menschen, die bei der Rechnungstellung Fehler machen können. Das Problem: Wenn Ärzte sich irren und auf den Rechnungen die falschen Gebührenziffern auftauchen, kann die PKV eine Erstattung ablehnen. Aus diesem Grund sollte sich jeder Privatversicherte zumindest grundlegend mit der GOÄ/GOZ beschäftigen – etwa im Hinblick auf eine anstehende Magenverkleinerung.
3. Wie kann ich meine PKV besser auf kommende Kosten vorbereiten?
Leider ist es in der Praxis so, dass die Beiträge in der PKV regelmäßig nach oben angepasst werden. Im Wesentlichen lassen sich zwei Hauptursache ausmachen:
- Kostensteigerungen
- Veränderungen in den Kalkulationsgrundlagen.
Höhere Kosten ergeben sich aus der medizinischen Inflation. Neue Behandlungslösungen sind oft teuer – was auch für Medikamente gilt. Außerdem verschiebt sich die Demografie. Und im Alter nimmt erfahrungsgemäß die Häufigkeit von Arztbesuchen zu.
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Mehr InformationenBei den Kalkulationsgrundlagen geht es unter anderem um neue Gesetze, die beispielsweise höhere Altersrückstellungen verlangen. Veränderungen bei den Zinsen für Rückstellungen sind ein zweiter Aspekt, der hier eine Rolle spielt. Um sich gegen höhere Beiträge zu schützen, gibt es verschieden Möglichkeiten.
- Tarifwechsel: Eine Option ist der Tarifvergleich und ein Wechsel in günstige Angebote der privaten Krankenversicherung. Entsprechend der Kalkulationsgrundlagen des jeweiligen Versicherers sind im Vergleich deutliche Unterschiede zu erkennen.
- Selbstbehalt: Mit einem Selbstbehalt verpflichten sich Versicherte, einen Teil der Abrechnungen zu übernehmen. Im Gegenzug wird der PKV Beitrag geringer. Aber: In der Praxis darf der Selbstbehalt nicht zu hoch werden.
- Beitragsrückerstattung: Eine Kostenverringerung durch die Hintertür sind Beitragsrückerstattungen. Einen Teil der Prämien überweist der Versicherer zurück, wenn Privatpatienten für ein Versicherungsjahr leistungsfrei bleiben.
- Leistungsverringerung: Wer Komfort- und Premiumleistungen versichert, zahlt einen entsprechend hohen Beitrag. Einen Teil der Leistungen aufzugeben, wäre ein Schritt hin niedrigen Beiträgen.
4. Letzte Instanz: Ombudsmann und Anwalt
Zahlt die Versicherung nicht, ist der erste Weg natürlich der Kontakt zu deren Abrechnungsstelle. Wen sich über den Kundendienst nichts bewegt, kann gegen Entscheidungen immer noch widersprochen werden.
Letztlich bleiben noch zwei weitere Ansätze:
- Anwalt
- Ombudsmann.
Anwälte für Versicherungsrecht vertreten Privatversicherte bei allen Problemen, die mit der privaten Krankenversicherung auftauchen. Der Vorteil: Anwälte haben immer das Interesse ihrer Mandanten vor Augen und können bei rechtlichen Fragen beraten. Auf der anderen Seite kostet der Anwalt natürlich Geld. Und die Kosten errechnen sich nach dem Streitwert.
Die zweite Möglichkeit – der Ombudsmann – ist für Versicherte kostenfrei. Hier wird versucht, den Streit mit der PKV zu schlichten. Vertreten werden auch Probleme mit der Pflegeversicherung und Zusatztarifen. Aber: Der PKV Ombudsmann wird nur im Streitfall mit einer PKV tätig. Weder bei Unstimmigkeiten mit der GKV noch der Beihilfe kann sich an die Schlichtungsstelle gewandt werden. Außerdem wird der Ombudsmann nur aktiv, wenn der Versicherer am Schlichtungsverfahren überhaupt teilnimmt.
Die wichtigsten Fragen & Antworten zum Thema
Grundsätzlich ist der Arzt natürlich verpflichtet, eine korrekte Abrechnung zu stellen. Jeder Privatversicherte muss die Rechnung prüfen. Sind die Rechnungsdaten korrekt? Schon Fehler beim Rechnungsempfänger machen das Einreichen bei der PKV schwierig. Patienten sind gut beraten, auch die Gebührenverzeichnis-Ziffern zu prüfen und ob die Steigerungsfaktoren korrekt sind. Es gibt an dieser Stelle durchaus Positionen, die nicht miteinander kombiniert werden dürfen – aber trotzdem auf Rechnungen zusammen auftauchen. So darf die Ziffer Ä3 aus der GOZ nur unter bestimmten Voraussetzungen berechnet werden.
Natürlich ist es ärgerlich, wenn der Versicherer auf eingereichte Rechnungen nicht reagiert. An dieser Stelle sind die Vorgaben allerdings klar: § 14 VVG definiert in diesem Zusammenhang eine Frist von einem Monat zur Erstattung der Rechnungen. Ab diesem Zeitpunkt ist der Versicherte berechtigt, einen Abschlag in Höhe des Rechnungsbetrags einzubehalten.
Grundsätzlich liegt die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung vor, wenn eine Krankheit, ein Unfall oder eine Behinderung vorliegen und diagnostische erfasst wird. Die angestrebte Therapie muss geeignet sein, den Zustand zu verbessern oder eine Verschlechterung zu verhindern.
In der privaten Krankenversicherung greift eine Verjährungsfrist für die Abrechnungen von drei Jahren. Die Frist beginnt immer mit dem Ende des Jahres, in welchem der Arzt die Rechnung ausgestellt hat. Sollte nach einer Vasektomie etwa im Juni 2020 eine Behandlung wegen einer Infektion nötig werden, beginnt die 3-Jahresfrist Ende 2020.